Anika Joswiak ist Ergotherapeutin und eine visionäre Unternehmerin. Sie hat das StärkenRadar für sich persönlich entdeckt und dann ganz konsequent in ihrem 30-köpfigen Praxisbetrieb eingeführt. Und zwar so konsequent, dass sie als Paradebeispiel in fast jedem unserer Vorträge mit dabei ist. Hier und heute berichtet sie im Interview wie alles angefangen hat und wie sie Schritt für Schritt die Stärken-Orientierung in ihre Praxen eingeführt hat.

Ergotherapeutin und Unternehmerin Anika Joswiak im Interview
Hallo liebe Anika, vielen Dank, dass du dir Zeit für uns nimmst. Lass uns doch ganz von vorne starten: Wann hast du dich zum ersten Mal mit deinen Stärken beschäftigt?
Im Rahmen meiner Tätigkeit als Ergotherapeutin bin ich darauf angewiesen, jeden einzelnen Patienten individuell und stärken-orientiert zu betrachten. Was kann er/sie? Woran hat er/sie Freude? Wie kann ich ihn/sie begeistern? Denn nur so schaffe ich es, meine Patienten dafür zu gewinnen, sich nicht auf ihre Krankheit, also auf das, was NICHT geht, zu fokussieren. Sondern auf ihre eigenen Ressourcen.
Auch im Umgang mit meinen Mitarbeitern habe ich immer den Fokus auf ihre Stärken gelegt, nie auf ihre „Schwächen“. In der Therapie und in meiner Position als Führungskraft habe ich also schon immer stärken-orientiert gehandelt.
Auf das StärkenRadar bin ich erst 2022 im Rahmen meines Mentorings gestoßen. Ich selbst brauchte für mich eine Neuausrichtung und einen neuen Blickwinkel, wie ich auf mich selbst schaue. Bei anderen habe ich stets auf die Stärken/Ihr Können geachtet, nur bei mir selbst nicht. Das war für mich eine ganz neue Erfahrung.
Ich war überrascht, wie gut das Ergebnis passte! Obwohl ich gewohnt war, meinen Klienten zu zeigen, wie sie ihre Stärken einsetzen, um an ihr Ziel zu kommen oder neue Fähigkeiten zu entwickeln, kam es mir nie in den Sinn, selbst auf meine Stärken zu schauen bzw. sie erstmal zu erkennen, geschweige denn sie einzusetzen.
Wie bist du auf die Idee gekommen, dass “Stärken Stärken” auch was für deine Praxis sein könnte?
Nachdem ich mich mit meinen eigenen Stärken beschäftigt hatte und die Resultate der Arbeit mit ihnen mich selbst so viel weiter gebracht hatte, wollte ich dieses geniale Tool auch für mein Unternehmen oder meine Klienten nutzen. Wenn ich von etwas überzeugt bin, möchte ich es immer gerne teilen, damit mein Umfeld auch davon profitiert. Mir kam der Gedanke, wie cool es wäre, wenn alle im Team ihre Stärken kennen würden und sie für sich nutzen könnten. Auch wie viel Verständnis und Rücksichtnahme entstehen könnte, wenn man weiß, wie die Kollegin so tickt, wo gerade ihre Stärken sind bzw. auch gerade nicht sind.
Was waren die ersten Schritte bei der Einführung der Stärken-Orientierung in dein Unternehmen?
Ich habe im gleichen Jahr noch eine StärkenCoach von euch, die liebe Barbara Foitzik, auf eines unserer Teamevents eingeladen, um mit dem Team ihre Top 8 Stärken zu beleuchten und zu erörtern, wie sie selbst und wir als Team davon profitieren können. Das kam extrem gut an.
In der entspannten Atmosphäre eines Wellnesshotels haben wir uns zunächst alle mit unseren Stärken beschäftigt und das Team und ich waren begeistert, wie wertschätzend dieser Ansatz ist und wie wir dadurch gegenseitige Empathie entwickelten.
Der nächste Schritt war dann, dass wir in unseren drei Filialen unsere Stärken-Team-Poster aufgehängt haben, um uns jeden Tag unsere Stärken und vor allem die Stärken unserer Kolleg:innen vor Augen zu führen. Das hat uns Orientierung gegeben, warum jemand so handelt, wie er/sie es tut, und dass das völlig okay so ist.
Dann hat jede Kollegin ihre “Betriebsanleitung für sich selbst” geschrieben, die wir für das ganze Team online für alle im Team zur Verfügung stellen. Das ermöglicht es vor allen Dingen neuen Teammitgliedern, schneller einen Eindruck von ihren Kolleg:innen zu bekommen.
Ich habe mir in Nachgang auch überlegt, wie es wohl wäre, wenn ich die Stärken eines Bewerbers oder einer Bewerberin direkt schon beim Kennenlernen vor Augen hätte. Gemeinsam zu besprechen, ob ihr Stärkenprofil für die Anforderungen einer Stelle passt und sie somit die richtigen Voraussetzungen mitbringen. Ich kann nur sagen, es war ein Gamechanger und ich wollte diese Herangehensweise im Recruiting nicht mehr missen.
Ich bin noch nie so schnell in ein Vorstellungsgespräch reingekommen und habe so viel über mein Gegenüber erfahren. Die Rückmeldungen waren auch stets positiv. Die Bewerber haben sich wertgeschätzt und wahrgenommen gefühlt und hatten es leichter, von sich zu erzählen.

Anika nutzt ganz gezielt die Stärken ihrer Leute
Welche Veränderungen konntest du danach feststellen?
Ich merke, dass der Umgang im Team und innerhalb der Führungskräfte wertschätzender und empathischer ist. Wir überlegen nicht mehr, warum sich jemand so verhalten hat, sondern schauen erst auf sein Stärkenprofil und sehen, aha, er/sie konnte das gar nicht sehen oder so handeln, weil seine/ihre Stärken dort nicht liegen oder er/sie eine ganz andere Herangehensweise haben muss.
Wenn wir Projekte ausschreiben oder Leitungspositionen besetzen, schauen wir im Vorfeld, wer sich für diese Stelle bzw. Aufgabe eignet und welche Stärken wir brauchen -z.B. wenn wir ein Messeteam aufstellen, benötigen wir Menschen mit Stärken wie Organisation, Umsetzung, Kreativität und Netzwerken. So wissen wir, dass die Kolleginnen ganz in ihrem Element sind und niemand eine Aufgabe stemmen muss, die ihr/ihm vielleicht Bauchschmerzen bereitet.
Mittlerweile haben wir zwei Kolleginnen zu StärkenCoachs ausbilden lassen und bieten Einzelsitzungen an. Es kommt immer wieder vor, dass Teammitglieder privat oder beruflich vor Herausforderungen stehen und ein Coaching brauchen, um vielleicht ihr Potential zu finden oder einfach nur um eine Idee zu bekommen, wie sie ihre Stärken einsetzen können, um sich besser zu fühlen oder eine andere Herangehensweise zu wählen.
Wo kommt denn der Fokus auf die Stärken noch zum Einsatz in eurem täglichen Handeln?
Sie sind schon Alltag, durch das intensive Coaching ist uns der Umgang mit unseren Stärken sehr bewusst. Wir sind grundsätzlich positiver und das wirkt auch auf unsere Patienten. Ich kann dir unsere nächsten Schritte verraten: Im Sommer werden wir uns wieder in ein schönes Hotel zurückziehen und dann mit unserem StärkenCoach Kerstin den Energiecheck für die jeweiligen Standorte durchführen. Das soll das Arbeiten miteinander und das Verständnis untereinander fördern.
Es gibt aber noch viel zu tun. Die Herausforderung ist, das Tool im laufenden Prozess am Leben zu erhalten und nicht aus den Augen zu verlieren. Die nächsten Schritte werden sein, die Stärkenorientierung in unsere Mitarbeitergespräche zu integrieren.
Was würdest du anderen Unternehmer:innen denn empfehlen, wenn sie auch in Richtung Stärken-Orientierung weiterdenken wollen?
Einfach bei euch melden und sofort loslegen. (schmunzelt)
Ich bin eine Freundin der Umsetzung! Wer heutzutage einen wertschätzenden und gesunden Führungsstil verfolgen möchte, der kommt nicht um eine stärken-orientierte Mitarbeiterführung herum.
Aber auch für sich selbst! Ich finde der Spruch „Der Fisch stinkt vom Kopf her“ ist immer noch extrem treffend. Vielleicht sollte man selbst erstmal den Stärkentest durchführen und sich mit seinen eigenen Stärken beschäftigen. Erst wenn ich selbst wertschätzend mit mir umgehe, kann ich es auch authentisch mit anderen tun. Oder wenn ich meine eigenen Stärken erkenne und sie weiß einzusetzen, kann ich sie bei meinem Gegenüber wertschätzen und fördern.

„Visionen sind dazu da, um umgesetzt zu werden.“
Gibt es sonst noch etwas, was du den Leser:innen mitgeben möchtest?
Legt los! Seid Vorbilder im eigenen Unternehmen und gegenüber anderen Unternehmen. Ich denke, heute gibt es extrem viele Tools, Angebote im Bereich des beruflichen Gesundheitsmanagements, aber ich kann noch so viele E-Bikes hinstellen, Gutscheine für das Fitnessstudio auslegen oder Masseure kommen lassen. Wenn sich ein Mitarbeiter nicht gesehen fühlt, dann wird er nie ein loyaler und zufriedener Teamplayer werden. Und ich bin mir sicher, jedes Unternehmen bekommt am Ende die Mitarbeiter, die es verdient hat! Fangt einfach an 😉
Wo können wir denn mehr über dich und dein Herzensprojekt, die Gesundheitswelt, erfahren?
Vor gut einem Jahr habe ich die Gesundheitswelt ins Leben gerufen. Es geht mir darum, die Gesundheitswelt zu revolutionieren. (Too) Big idea!? Visionen sind dazu da, um umgesetzt zu werden. Nicht, um in Schubladen gesteckt zu werden oder lediglich in Träumen zu existieren.
Es brauchte meiner Meinung nach eine Plattform (www.diegesundheitswelt.de), auf der wir die Aktivitäten sowie Partner und Informationen zum Gesundheits-Angebot im Kreis Olpe zeigen können.
Ich möchte neue Wege der Vernetzung einschlagen und neue Denkweisen verankern. Die Gesundheitswelt ist ein Ort des Austauschs. Ein Ort, der Menschen Gesundheit leicht und frei zugänglich macht. Ein Ort, der anregt, inspiriert und schließlich zu einem glücklichen, weil gesunden Leben führt.
Inzwischen habe ich als langjährige Unternehmerin, die das Unternehmertum mit allen Höhen und Tiefen kennengelernt hat, das Bedürfnis, meine gesammelten Erfahrungen weiterzugeben. Ganz einfach, damit es andere leichter haben. Demzufolge begleite ich auch andere Praxisinhaber*innen, die ihre Praxis mit genauso viel Hingabe und Begeisterung betreiben möchten wie ich es tue als Mentorin. Mehr über mich erfahrt ihr unter www.ergotherapie-joswiak.de.
Ganz herzlichen Dank, liebe Anika für das Interview. Wie immer ein inneres Blumenpflücken mit dir zu sprechen.
Die Bilder im Beitrag sind von Thomas Matysik. Tausend Dank für deine Arbeit, Thomas! Die Rechte des Coverfotos liegen bei Anika.